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Das Kindergeld im Geflecht der Einkommensbesteuerung

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Kindergeld in seiner heutigen Form geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurück. Dieses entschied 1990, dass bei der Einkommensbesteuerung das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder nicht besteuert werden darf.1

In weiteren Entscheidungen hat das Gericht in der Folgezeit herausgearbeitet, dass auch dasjenige Einkommen, das für die Deckung des Bedarfs, der für die Betreuung und Erziehung der Kinder erforderlich ist, von der Besteuerung freizuhalten ist. Man spricht insoweit auch von einem Familienleistungsausgleich (früher Familienlastenausgleich). Kindergeld ist daher keine Sozialleistung im üblichen Sinne, sondern dient im Wesentlichen der Herstellung einer gerechten Besteuerung und wird daher unabhängig von einer Bedürftigkeit gewährt.2 Unter diesem Gesichtspunkt ist der Gesetzgeber nicht direkt verpflichtet, mit dem Kindergeld auch Personen zu begünstigen, die kein Einkommen beziehen (und deshalb keine Einkommenssteuer entrichten). Allerdings hat der Gesetzgeber auch dafür zu sorgen, dass Familien mit Kindern, die Sozialleistungen erhalten, ebenfalls die für Unterhalt und Erziehung der Kinder benötigten Mittel zur Verfügung haben.3

Vor diesem Hintergrund wird das Kindergeld seit 1996 vorrangig als Steuervergütung nach dem Einkommenssteuergesetz (bzw. als Steuerfreibetrag für Kinder/Kinderfreibetrag) gewährt (geregelt in §§ 31 f., 62 ff. EStG). Nur in Ausnahmefällen wird das Kindergeld als echte Sozialleistung ausgezahlt.

Einkommensbezieher erhalten dementsprechend bei Vorliegen der Voraussetzungen Kindergeld monatlich durch die für sie zuständige Familienkasse. Nach Ablauf des Jahres wird vom Finanzamt geprüft, ob die bezogenen Kindergeldleistungen oder aber die Gewährung von steuerlichen Freibeträgen für jedes Kind aus Sicht des Steuerpflichtigen günstiger sind. Wenn die Prüfung ergibt, dass die durch den Freibetrag bewirkte Steuerentlastung geringer ausfällt als das gezahlte Kindergeld, wird die Einkommenssteuer ohne Berücksichtigung des Kinderfreibetrages festgesetzt und das monatliche Kindergeld wird nicht angerechnet. Ist dagegen die Steuerentlastung durch den Freibetrag höher als das gezahlte Kindergeld, so wird der Kinderfreibetrag bei der Festsetzung der Einkommenssteuer angerechnet. So ist gewährleistet, dass dem Steuerpflichtigen mindestens die Steuerentlastung in Höhe des Kindergeldes verbleibt.4

§

Das Kindergeld ist gestaffelt. Folgende Monatsbeträge gelten:

  • für das erste und zweite Kind jeweils 194 Euro im Jahr 2018

  • für das dritte Kind 200 Euro im Jahr 2018

  • für das vierte und jedes weitere Kind 225 Euro im Jahr 2018.

Literatur

Muckel, S. / Ogorek, M. (2011, 4. Aufl.): Sozialrecht. München: C.H. Beck.

Pfeiffer, T. (1997): Kindergeld, Kinderfreibetrag, Grundfreibetrag und verfassungswidrige Besteuerung des Existenzminimums, SGb 1997. S. 14 ff. und 64 ff.

Plagemann, H. (Hrsg.) (2018, 5. Aufl.): Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht. München: C.H. Beck.

BVerfG, Beschl. v. 29.5.1990 – 1 BvL 20/84 u.a (NJW 1990, 2869).


Muckel/Ogorek: Sozialrecht, S. 482 ff. Eingehend Pfeiffer: Kindergeld, Kinderfreibetrag, Grundfreibetrag und verfassungswidrige Besteuerung des Existenzminimums, SGb 1997, S. 14 ff. sowie 64 ff.


Hessisches Landessozialgericht, Vorlagebeschluss vom 29.10.2008 – L 6 AS 336/(ZFSH/SGB 2009, 100).


Von der Decken in Plagemann: Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, § 32, Rn. 1.


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