Abschnitt: Bildungsbereiche → Gendergerechte Bildung
 

Geschlechter-Stereotype sind kein Muss!

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© pedrosala / Adobe Stock

Kinder beobachten, sie sind ‘Gender Detektive’ (Halim/Ruble, 2010). Die Eltern prägen mit ihren Geschlechtervorstellungen als primäre Sozialisationsinstanz am stärksten, die Bildungsinstitutionen sind sekundäre Sozialisationsinstanzen. Die Fachpersonen in der Kita sind Vorbilder für die Kinder und vermitteln so Geschlechterwissen. Idealerweise umfassen ein Team von Kindertageseinrichtungen darum Frauen und Männer, so dass die Kinder beide Geschlechter als zugewandt und fürsorglich wie fördernd und fordernd erleben. In gemischten Teams schleichen sich jedoch nicht selten ungewollt stereotype Arbeitsteilungen ein. Obwohl betont wird, es gelte das Prinzip »alle machen alles«, zeigen sich doch geschlechterdifferenzierende Arbeitsteilungen (Tennhoff, 2018).

Beispielsweise spielt sich ein, dass sich männliche Fachkräfte für Sport, spielerisches Kämpfen, Naturpädagogik und Werken engagieren oder für Reparaturarbeiten in der Kita gefragt sind, während weibliche Fachkräfte Dekorieren und Basteln, Putzarbeiten und eher pflegerische Aufgaben übernehmen. Die Arbeitsteilung ergibt sich unabsichtlich, einerseits aus stereotypen Zuschreibungen der Leitung oder der Teammitglieder, z.B. ‘Männer mögen Fußball’, ‘Frauen können besser trösten’, andererseits auch auf Initiative der Männer selber (Auch aus anderen, stark geschlechtersegregierten Berufen ist bekannt, dass innerhalb der geschlechtsuntypischen Berufswahl dennoch geschlechtstypische Nischen entstehen. Für einen Mann wäre beispielsweise die Einrichtung eines Werkraums eine solche maskuline Nische im weiblich dominierten Berufsfeld Kindertageseinrichtung. Für das Bildungsangebot von Kindertageseinrichtungen und für die Funktion der Fachpersonen als Rollenvorbilder ist es im Beispiel des neu eingerichteten Werkraums wichtig, dass männliches und weibliches Fachpersonal die Verantwortung übernehmen, beispielsweise in einem Buddy-System, so dass für jede Spezialisierung einer Fachkraft auch eine zweite Fachkraft aus dem Team expertisiert wird (Tennhoff/Vogt/Nentwich, 2016). Neben dem geschlechtergerechten Rollenvorbild ist so auch gewährleistet, dass der Werkraum auch später noch genutzt wird, wenn werkbegeisterte männliche Fachkräfte eventuell die Kindertageseinrichtung verlassen haben.

Männer sind in einer Minderheitsposition in der Kita, weniger als 10 % der Fachpersonen sind männlich (Peeters/Rohrmann/Emilsen, 2015). Wegen ihres geringen Anteils und weil der Beruf historisch als Frauenberuf gesehen wird, fallen Männer in der Kita auf: positiv, als etwas Besonderes, aber auch negativ, da Männer unter Generalverdacht gestellt werden. Für die weitere Professionalisierung der frühen Bildung ist aber die gleichberechtigte Teilhabe von Männern in der Profession sehr wichtig. Wenn Kindertageseinrichtungen einen eigenen, wichtigen Bildungsauftrag erfüllen sollen und nicht nur die zweitbeste Betreuungslösung nach der Familie eröffnen, werden Kindertageseinrichtungen nicht als Ersatz für die Betreuung in der Familie, sondern als Bildungsinstitution im eigentlichen Sinn verstanden. Für diese Weiterentwicklung der Institution Kindertageseinrichtung tragen Männer als pädagogische Fachkräfte sehr sichtbar bei. Tätigkeiten in Kindertageseinrichtungen werden nicht dem biologischen Geschlecht und den natürlichen, mütterlichen Fähigkeiten von Frauen zugeschrieben, sondern als professionelle Kompetenzen, die sich Frauen und Männer aneignen müssen, wahrgenommen (Peeters/Rohrmann/Emilsen, 2015).

Literatur

Halim, M. L./Ruble, D. (2010): Gender identity and stereotyping in early and middle childhood. In J. C. Chrisler/D. R. McCreary (Eds.): Handbook of gender research in psychology (S. 495–525). New York: Springer.

Peeters, J./Rohrmann, T./Emilsen, K. (2015): Gender balance in ECEC: why is there so little progress? European Early Childhood Education Research Journal, 23(2), S. 302–314.

Tennhoff, W. (2018): Symbolische Väter, junge Wilde und professionelle Pädagogen. Diskursive Konstruktionen männlicher Geschlechtsidentität in Kindertageseinrichtungen. Dissertation: Universität St. Gallen. http://www1.unisg.ch/www/edis.nsf/SysLkpByIdentifier/4734/$FILE/dis4734.pdf

Ergänzende Arbeitshilfen

Merkblatt: UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK)

Die UN-Kinderrechtskonvention bildet den Grundstein für die aktuellen Kinderrechte. Hier bekommen Sie eine kurze Einführung in das Vertragswerk und dessen Rechtsstatus. Dokument herunterladen

Reflexionsfragen zu den Kinderrechten

Alle Kinder haben Rechte – Du auch! Diese Reflexionsfragen helfen Ihnen, Kinderrechte in Ihrer Kita zu etablieren und kindgerecht umzusetzen. Dokument herunterladen

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