Abschnitt: Kitas in Deutschland – Ein Überblick → Arten von Kindertageseinrichtungen
 

So unterscheiden Sie zwischen den fünf Einrichtungsarten

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© Carola Vahldiek / Adobe Stock

Kindertageseinrichtungen lassen sich nach ganz unterschiedlichen Merkmalen typisieren, so z.B. ob sie mit einer Gruppenstruktur arbeiten, ob und in welchem Maße sie Kinder mit Behinderung betreuen oder nach dem pädagogischen Konzept, das die Einrichtungen verfolgen. Darüber hinaus hat sich eine Typisierung nach der Alterszusammensetzung etabliert, sodass klassischerweise von Krippen, Kindergärten und Horten gesprochen wird (Honig, 2012). Diese Kategorisierung wird seit Jahrzehnten genutzt; unter Krippen werden dabei Einrichtungen verstanden, die mit Kindern unter 3 Jahren,1 also mit Säuglingen und Kleinkindern, arbeiten (Ahnert/Schnurrer, 2006). Kindergärten sind demnach Einrichtungen für Kinder zwischen 3 Jahren und dem Schuleintritt (Beher, 2006; Textor, 2014), Horte sind Einrichtungen zur Betreuung von Schulkindern vor oder im Anschluss an den Unterricht sowie teilweise in den Ferien (Berry, 2000; Gängler/Weinhold/Markert, 2013).

Ein Blick in die Kita-Landschaft zeigt jedoch, dass diese Dreiteilung nur einen kleinen Teil der Realität erfasst. So zeigt die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik – die Auskunft über alle Kitas in Deutschland gibt –, dass eine Vielzahl der Einrichtungen auf mindestens zwei der genannten Altersgruppen ausgerichtet ist. Daher sollten fünf Einrichtungsarten unterschieden werden: Die drei bereits beschriebenen sowie altersgemischte Kitas, in denen mindestens zwei der drei Altersgruppen betreut werden. Zusätzlich haben vor allem aufgrund des Ausbaus der Angebote für unter 3-Jährige die sog. erweiterten Kindergärten an Bedeutung gewonnen, die von Kindern im Alter zwischen 3 Jahren und dem Schuleintritt besucht werden und ihr Angebot für Kinder ab 2 Jahren geöffnet haben.

Wie sich diese fünf Einrichtungsarten bundesweit entwickelt haben und zwischen Ost- und Westdeutschland unterscheiden, wird im vorliegenden Beitrag dargestellt. Dabei wird nicht nur die mengenmäßige Bedeutung beobachtet, sondern ein Fokus auf strukturelle Merkmale gelegt sowie die personelle Ausstattung der Einrichtungsarten in den Blick genommen. Im Ergebnis ergibt dies eine differenzierte Analyse, die strukturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser Einrichtungsarten aufzeigt.

Zum Stichtag 1. März 2017 gab es deutschlandweit nahezu 55.300 Kitas, in denen fast 3,5 Mio. Kinder unter 14 Jahren von nahezu 600.000 Beschäftigten betreut, erzogen und gebildet wurden. 30.028 und damit mehr als die Hälfte dieser Einrichtungen waren altersgemischte Kitas, in denen Kinder unterschiedlicher Altersgruppen gemeinsam betreut wurden. Einrichtungen, deren Konzept nur auf eine Altersgruppe ausgerichtet war, ließen sich entsprechend seltener beobachten: 4.356 bzw. 8 % der Einrichtungen waren Krippen, 5.576 bzw. 10 % Kindergärten und 11.498 bzw. 21 % der Einrichtungen waren Kindergärten, die ihr Angebot auch 2-Jährigen zur Verfügung stellen. Die weiteren 3.835 bzw. 7 % der Einrichtungen waren Horte.

Seit 2007 lassen sich ein deutlicher Rückgang der Kindergärten und der erweiterten Kindergärten und ein gleichzeitiger Anstieg der Krippen und der altersgemischten Kitas beobachten. Das hängt mit zwei Entwicklungen zusammen: Einerseits ist die Anzahl der Kinder ab 3 Jahren bis zum Schuleintritt bis 2012 demografisch bedingt deutlich zurückgegangen, sodass Plätze für ältere Kinder frei wurden, die mit anderen Altersgruppen besetzt werden konnten (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2018). Andererseits ist die Anzahl altershomogener Einrichtungen zwischen 2007 und 2017 nahezu konstant geblieben, während die Anzahl der altersheterogenen Einrichtungen kontinuierlich gestiegen ist, was darauf hindeutet, dass verstärkt Einrichtungen eröffnet wurden, deren Konzept auf mehrere Altersgruppen ausgerichtet ist.

Allerdings liegen deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland vor (Abb. 1). Während sich die Bedeutung der Einrichtungsarten in Ostdeutschland zwischen 2007 und 2017 kaum verändert hat, kam es in Westdeutschland zu deutlichen Verschiebungen: Hier haben altersgemischte Kitas deutlich an Bedeutung gewonnen, während vor allem die Kindergärten, aber auch die erweiterten Kindergärten an Bedeutung verloren haben. Trotz dieser Verschiebung ist die Bedeutung der altersgemischten Kitas mit 77 % an allen Einrichtungen in Ostdeutschland noch immer deutlich höher als in Westdeutschland, wo ihr Anteil bei 48 % liegt.

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Abb. 1: Kitas 2007 und 2017 nach Einrichtungsarten und Ländergruppen (Anteil in %, Quelle: Forschungsdatenzentrum der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Tagespflege, verschied. Jahrgänge; eigene Berechnungen)

Für die Länder lassen sich noch weitere Besonderheiten beobachten: In allen ostdeutschen Ländern haben sowohl reine Krippen als auch reine Kindergärten keine Bedeutung. Erweiterte Kitas sind hier zwar zu finden, bleiben aber mit zwischen 3 % in Mecklenburg-Vorpommern und 13 % in Berlin verhältnismäßig selten. Lediglich Horte haben in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt, die nicht auf andere Ganztagsangebote für Schulkinder setzen, mit zwischen 14 % in Mecklenburg-Vorpommern und 22 % in Sachsen noch eine bedeutsame Rolle neben den altersgemischten Kitas. Im Ergebnis wird damit für Ostdeutschland deutlich, dass Kindertageseinrichtungen fast immer mindestens zwei Altersgruppen betreuen und eine Unterscheidung in Krippen und Kindergärten wenig hilfreich ist. Nur die Horte sind als eigenständige Einrichtungen neben den altersgemischten Kitas und den erweiterten Kindergärten bedeutsam.

In den westdeutschen Ländern lassen sich vier Muster beobachten: Hamburg und das Saarland ähneln sehr stark den ostdeutschen Ländern, weil dort drei von vier Einrichtungen altersgemischte Kitas sind und altershomogene Einrichtungen kaum bedeutsam sind. Ein zweites Muster zeigt sich in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, wo die erweiterten Kindergärten neben den altersgemischten Kitas eine sehr hohe Bedeutung einnehmen und weitere Einrichtungsarten kaum zu finden sind. Ein drittes Muster zeigt sich in Bayern, Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein: Hier sind zwar etwa die Hälfte der Einrichtungen altersgemischte Kitas, die verbleibenden Anteile verteilen sich aber verhältnismäßig ähnlich auf die weiteren vier – bzw. wenn in den Ländern die Schulkindbetreuung vorwiegend über andere Angebote vorgehalten wird drei – Einrichtungsarten. In Baden-Württemberg zeigt sich eine Mischform des zweiten und dritten Musters, allerdings deutet die Entwicklung seit 2007 darauf hin, dass es sich in die Richtung des dritten Musters entwickelt. Schließlich lässt sich in Bremen noch ein viertes Muster beobachten: Hier sind neben den altersgemischten Kitas auch altershomogene Einrichtungen sehr stark vertreten: Jede vierte Einrichtung ist hier eine Krippe, und 16 % der Einrichtungen sind Kindergärten. Erweiterte Kindergärten und Hort sind in Bremen kaum von Bedeutung. In der Summe zeigt sich für die westdeutschen Länder zwar auch, dass altersgemischte Kitas in allen Ländern die höchste Bedeutung einnehmen, je nach Land spielen aber auch die anderen Einrichtungsarten eine große Rolle.

Aufgrund der deutlichen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland wird eine bundesweite Betrachtung den regionalen Besonderheiten wenig gerecht, sodass die Ergebnisse insbesondere differenziert nach Ost- und Westdeutschland dargestellt werden.

Literatur

Ahnert, L./Schnurrer, H. (2006): Krippen. In: Fried, L./Roux, S. (Hrsg.): Pädagogik der frühen Kindheit. Handbuch und Nachschlagewerk, Beltz, Weinheim/Basel, S. 302–312.

Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2018): Bildung in Deutschland 2018. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Wirkungen und Erträgen von Bildung, wbv, Bielefeld.

Berry, G. (2000): Welche Horte brauchen Kinder? Ein Handbuch, 2. Auflage, Luchterhand, Neuwied.

Gängler, H./Weinhold, K./Markert, Th. (2013): Miteinander – Nebeneinander – Durcheinander? Der Hort im Sog der Ganztagsschule. In: Neue Praxis, 43. Jg., Heft 2/2013, S. 154–175.

Honig, M.-S. (2012): Frühpädagogische Einrichtungen. In: Fried, L./Dippelhofer-Stiem, B./Honig, M.-S./Liegle, L. (Hrsg.): Pädagogik der frühen Kindheit, Beltz, Weinheim/Basel, S. 91–128.

Textor, M. R. (2014): Kindergarten. In: Pousset, R. (Hrsg.): Handwörterbuch Frühpädagogik. Mit Schlüsselbegriffen der Sozialen Arbeit, 4. Auflage, Cornelsen, Berlin, S. 224–226.

Ergänzende Arbeitshilfen

Konzeptionsentwicklung: Reflexionsfragen zur Vernetzung im Sozialraum

Kitas sind Akteure im Sozialraum. Die Vernetzung mit anderen Institutionen und Personen ist für Sie extrem wichtig. Daher sollten Sie Ihre Haltung zu Kooperations- und Vernetzungsfragen reflektieren und auf dieser Grundlage in Ihrer Konzeption verankern. Dokument herunterladen

Teilweise werden hier auch Kinder betreut, die im laufenden Kita-Jahr ihren 3. Geburtstag feiern und erst zum Beginn des folgenden Kita-Jahres in eine Einrichtung für ältere Kinder wechseln. Konzeptionell ist die Einrichtung jedoch auf die gleiche Zielgruppe ausgerichtet.


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